Ob es reicht, wie ich mein Kind begleite?

„Ob es ausreicht, wie ich mein Kind begleite?“

„Mache ich genug,
damit es meinem Kind gut geht?“
„Was kann ich noch tun,
um mein Kind zu beschützen?“
Es sind Fragen wie diese, die Eltern immer mal wieder umtreiben. Sie sind nicht immer da, halten nicht jede Nacht vom Schlaf ab, aber doch ab und zu mal.

 

„Wie wird es meinem Kind in der Kita, in der Schule, auf der Klassenfahrt, bei der Freizeit wohl ergehen?“
„Wird es Freunde finden?“
„Werden seine Freunde zu ihm halten?“
Ganz normale, alltägliche Fragen und Sorgen, die kommen und gehen, mal mehr quälen und mal ganz in Vergessenheit geraten. Man lebt mit ihnen und überlegt sich etwas, das man tun kann, um das Kind zu schützen:
„Ich werde meinem Kind morgen eine Kleinigkeit in den Schulranzen stecken, damit es weiß, dass es geliebt ist!“

 

„Ich werde aus den Gurkenscheiben Herzen ausstechen, als kleinen Gruß!“

 

„Ich werde mein Kind fragen, ob es sich mal wieder verabreden möchte – und ich fahre es überall hin, damit die Freundschaft bleibt!“
„Ich werde der Lehrerin Bescheid geben, dass mein Kind oft mit Heimweh zu kämpfen hat, damit sie bei der Klassenfahrt ein bisschen acht gibt.“
„Vielleicht kann ich meinem Kind an die Freizeithaus-Adresse einen Brief schreiben.“

Es sind Kleinigkeiten, die die Welt bedeuten. Den Kindern – und ehrlich gesagt vor allem den Eltern.

Sie bedeuten:
„Ich kann etwas tun! Ich bin den Sorgen und Fragen nicht hilflos ausgeliefert!“
„Mein Kind soll wissen, dass es nicht allein ist!“
„Vielleicht reicht es so aus, wie ich mein Kind begleite.“
Im März war das so ähnlich Thema im Monatskalender von Familien begleiten. 
Meine Freundin Maria Ullmann (bzw. Fräulein Improesie) schreibt in ihrem Text „Halt & Flügel“:

 

„Ich möchte Dich beschützen!
Doch, schnell wird mir bewusst,
dass ich nicht jede Gefahr,
jeden Schmerz und jedes Scheitern
von Dir abhalten kann (und will)!
 
Doch: ich bin da!
Halte Dich tröstend in meinem Arm,
helfe Dir, wieder aufzustehen
und weiter zu gehen.
 
Schritt für Schritt.
Bereit für Dein Leben:
Losgehen, hinfallen, trösten, aufstehen …
Sei Dir gewiss: Ich bin da!“
 
Den ganzen Text von Halt & Flügel findest Du auf www.fraeuleinimproesie.de
Ein bisschen erstaunlich ist er ja schon, der Text:

Wer will denn als Eltern NICHT Gefahren, Schmerzen und Scheitern von den Kindern abhalten?

Da draußen in der Welt drohen doch die Monster Mobbing, Leistungsdruck und mentale Gesundheitsprobleme, da spotten die Sozialen Medien Whatsapp, Instagram und TikTok mit Hassnachrichten, Dickpics und Cybergrooming über ihren eigenen Namen, da suchen Rechtsradikale und Pädophile nach Kindern und Jugendlichen, die sie in ihren Netzen fangen können, da lauern Tod und Krieg und Gewalt in den Nachrichten und Computerspielen, da hört man von toxischen Beziehungen, von Rassismus, Sexismus, Ableismus und all dem Schaden, den sie in der Psyche von Menschen hinterlassen haben.
Ist das nicht genug Grund, sich zu fürchten und sich zu fragen:
„WIE kann ich mein Kind vor all dem bewahren und schützen?! Und reicht es aus? Tue ich genug, um mein Kind zu schützen? Was kann und soll ich noch tun?“

"Ich bin da", antwortet der Text.
Aber reicht das denn aus?

Also reicht es wirklich aus, dass und wie ich mein Kind begleite?
Es scheint so klein. Zu wenig. So groß und bedeutsam – und doch so ungenügend.

 

„Und – woher weiß ich eigentlich, dass mein Kind nicht eines Tages Täter oder Täterin wird?“
Eine Mutter fragt mich das.
So schnell ist man dabei, das Kind vor dem Opfer-Sein zu schützen, sagt sie. Aber was verhindert eigentlich das Täter:in-Sein?
„Tue ich genug, um das zu verhindern?“
„Gewinnt mein Kind genug Selbstbewusstsein, genug Selbstvertrauen, lernt es genug Empathie und Rücksichtnahme?“
 

"Wird mein Kind ein guter Mensch?"

„Deine Kinder machen das so toll“, lese ich auf Instagram in manchem Elternprofil, das über bedürfnisorientierte Erziehung schreibt.
 
Gemeint ist:

Sie sind so herzlich.

So liebevoll.
So hilfsbereit.
So aufmerksam.
Ihre Mütter fragen sich, warum sie sich das mit der Bedürfnisorientierten Erziehung antun und schreiben nach einem solchen Moment, in dem sie die Hilfsbereitschaft und Aufmerksamkeit ihrer Kinder untereinander erlebt haben: „Jetzt weiß ich es wieder. Dafür tue ich das.“
 
Dafür, dass die Kinder in einem Moment „gute Menschen“ sind. Und vielleicht einmal „bessere“ Menschen werden. Solche, die anderen keinen Schaden zufügen. Die für Frieden und Gerechtigkeit und Liebe einstehen.
 
Es ist ein alter Traum, der da weitergeträumt wird. 
Und dass es „nur“ Momente sind, in denen man das beobachten kann, reicht aus, um so weiterzumachen.
„Die Hoffnung, dass ich heute den Unterschied machen kann. Weil ich den Kreislauf aus Schimpfen und Schreien durchbreche – ein für allemal!
Bestimmt kann ich das!
Oder?
Oder nicht.
Und dann schrei ich doch wieder.
Dabei wollte ich das nicht.
Ich werde laut, ich fordere, ich drohe mit „wenn-dann“.
Dabei wollte ich das nicht.
Die Last drückt schwer: Ich wollte das doch nicht. Ich wollte doch vor Schaden bewahren, nicht selbst zum Schaden werden.
Ob es reicht, wie oft ich es schaffe?
Ob es reicht dafür, dass mein Kind glücklich wird und selbstbewusst und … ein guter Mensch?“
Ich spüre diese Fragen in den Instagram-Posts, die ich lese und höre sie in den Gesprächen, die ich habe. 
Mich bewegt die Not, die darin steckt.
Tiefe Sorgen und Ängste wegen all dem Bedrohlichen, das in der Welt ist.
Ein ernsthaftes Sehnen nach einer besseren Welt und die Hoffnung, in der Erziehung einen kleinen Beitrag dazu leisten zu können.
Entschlossenheit, mit kleinen Gesten Großes zu sagen und für ein besseres Morgen die Last des Heute zu schultern.
Immer mal wieder bedrängt durch die Frage: Reicht es aus, wie ich mein Kind begleite?
Kann ich noch etwas tun, um es zu schützen?
Wird mein Kind in den Herausforderungen des Lebens bestehen oder wird es zusammenbrechen unter der Last?

Ich möchte auf diese Fragen eine Antwort wagen.

So unmöglich, wie das scheinen mag.

Möchtest Du sie hören?

Ich lade Dich ein.

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