Mein Kursbereich

Passwort vergessen?

Edit Template
Mein Kursbereich

Passwort vergessen?

Edit Template

Ich trau mich nicht, etwas zu sagen!

„Ich trau mich nicht, etwas zu sagen!“, sagt sie zu mir.

 

Wir sitzen am Mittagstisch und sprechen über schwierige Themen. Darüber, welche Wertmaßstäbe heute gelten. Wie „man das heute macht“ und warum „man das heute für richtig hält“.

 

„Wenn ich etwas dazu sage, weiß ich nicht, wie sie reagieren“, sagt sie weiter.

 

Es ist eine Oma, mit der ich spreche. Sie traut sich nicht, ihrem Kind und Schwiegerkind etwas zum Thema Erziehung zu sagen. Aus ihrer Perspektive machen sie es sich so schwer mit der Erziehung und der Beziehung zum Kind, zum Enkelkind der Frau, mit der ich im Gespräch bin.
Sie haben so viel Angst„, sagt sie. Angst, etwas falsch zu machen, dem Kind nicht gerecht zu werden.
Ich wünschte, ich könnte ihnen die Angst nehmen, ihnen helfen, sie ermutigen.
Aber wenn ich nur eine Frage stelle, reagieren sie schon mit Rückzug und fühlen sich angegriffen“, erzählt sie.
Ich erzähle: Vor allem jüngere Eltern erleben Kritik. Vor allem Mütter. Vor allem durch Familienangehörige.

 

„Ja, genau deshalb trau ich mich gar nicht mehr, etwas zu sagen“, sagt sie und seufzt entmutigt. 
Ich habe Angst, dass unsere Beziehung daran kaputt geht.“

Es ist eine berechtigte Angst.
Beziehungen zu beenden, weil sie einem selbst nicht gut tun, ist legitimer geworden. Gut so! Einerseits. Aber mit Nebenwirkungen. Denn wir bekommen alle mit, dass diese Art der Distanzierung von anderen legitimer geworden ist. Es läuft darauf hinaus: Wer etwas falsches sagt, wird „gecancelt“ – der Kontakt abgebrochen, die Aussage auf Distanz gehalten, der Mensch, der sie gemacht hat, damit letztlich als verabscheuungswürdig dargestellt. Das ist vielleicht ein wenig überspitzt formuliert, aber Distanzierung vermittelt die Botschaft: 

„Du bist es nicht wert, zu meiner sozialen Gruppe zu gehören.“

Distanz ist eine der größten Gefahren für den Menschen als soziales Wesen. Erst im Kontakt und in den Beziehungen mit anderen werden wir zu dem Menschen, der wir sind, gewinnen wir Identität. Ist die Frau, mit der ich spreche, noch „Oma“, wenn sie keinen Kontakt zu ihren Enkeln haben kann? Ja, natürlich – und doch nicht wirklich. Zumindest keine „gute“ Oma. So fühlt es sich an. Aber genau das möchten wir sein: „gut“ = in der Beziehung zu anderen.
 
Und deshalb schweigen wir. Aus Angst, dass die Beziehung zerbricht. Dass sich jemand von uns distanziert.

 

Die Zensur passiert in unserem Innersten. Wir verinnerlichen die wahrgenommenen Normen und Werte aus der Umgebung so sehr, dass wir im vorauseilenden Gehorsam uns selbst das Reden verbietenaus gutem Grund: Um nicht die Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe zu verlieren, um nicht allein zu bleiben, sondern Teil der Gemeinschaft. 
Ausgeschlossen werden, ist eine schmerzhafte Erfahrung, die massive körperliche Folgen haben kann.

Aber gleichzeitig verlieren wir gerade dadurch die Gemeinschaft und gewinnen nur das Gemeinsame.

  • Gemeinschaft entsteht im Teilen und Mitteilen, in der Auseinandersetzung und der Versöhnung, im Ringen mit den Unterschiedlichkeiten.
  • Gemeinsamkeit beruht auf dem Nebeneinander von Ähnlichem, das sich an dem festhält, was zusammenpasst – und loslässt, zerfällt, wenn diese Verbindung die Unterschiedlichkeiten nicht überbrücken kann. Das macht Einsam trotz Gemeinsamkeit.
"Ich traue mich nicht, etwas zu sagen" heißt also übersetzt: "Ich gehöre nicht sicher genug dazu."
Was können wir tun, wenn wir daran etwas ändern wollen, wenn wir in Gemeinschaft leben wollen? 
Es geht kein Weg an Verletzlichkeit vorbei.
Dabei sollten wir in möglichst sicheren und nur leicht unsicheren Situationen beginnen und uns offenbaren mit unserer Angst, etwas zu sagen und der Angst, etwas falsch zu machen, der Angst, einander nicht gerecht zu werden und der Angst vor dem Verlassenwerden.

Und ja, das ist schwer.

Aber es ist ein Anfang. Und dieser Anfang ist jetzt wichtiger denn je.

Quellen bzw. zum Weiterlesen:
Diana Kinnert (2020): Die neue Einsamkeit.
Stephan Marks (2019): Die Würde des Menschen ist verletzlich.
Brene Brown (2017): Verletzlichkeit macht stark.

Wenn Du lernen möchtest, über Angst zu sprechen, schau Dir unser Angebot dazu an.

Mit dem Videomaterial habt ihr mir die Hemmschwelle genommen über Angst zu sprechen und einige Ansätze geliefert mit den Kindern über meine Ängste zu reden. Wir reden viel zu viel über ihre Ängste und gehen da in Lösungstips rein, dabei lernen sie viel mehr im abschauen wie ich selbst mit Ängsten umgehe.

Ehrlich gesagt ist es mir beim Videos erstmal alleine schauen leichter gefallen mich dem Thema anzunehmen. Bin eigentlich recht reflektiert aber bei dem Thema war ich dann doch mehr blockiert.

Thomas (40)

Vater und Elektromeister

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

| ungewohnte Perspektiven 

| kreative Aha-Momente

Kontakt