Deutliche Worte.

 Manchmal sind sie schmerzhaft, die deutlichen Worte, die jemand zu einem sagt.

Manchmal sind sie auch tatsächlich unangebracht.

Manchmal sind sie aber genau richtig und ermöglichen es, zu dem zurückzukehren, wer man sein möchte und wie man leben will.

So ging es mir letzte Woche. Ich habe einen Text geschrieben und meinen Schreib-Begleiter:innen vorgelesen. Und sie sagten mir, dass er ziemlich kompliziert sei. Das tat weh, denn ich mochte diesen Text – und ich hatte ihn auch schon veröffentlicht. Es war also zu spät für dieses Feedback und ich ärgere mich, dass ich meine Schreib-Begleiter:innen nicht schon früher um ihr Feedback gebeten habe.

Vielleicht kennst Du das. Sowohl den Schmerz darüber, nicht früher um Feedback gebeten zu haben als auch den Schmerz über deutliche Worte, die jemand zu einem sagt, seien sie angebracht oder nicht.

 

Ich bin ein Fan von deutlichen Worten und ich glaube, das hat auch mit Liedern zu tun, die ich als Teenager und Jugendliche viel gehört habe. Liedtexte beeinflussen mich sehr. Meist bin ich mehr Text- als Musikhörerin, aber bei Ska mag ich beides. Die folgenden Liedzeilen stammen von der Band Relient K:

„Why don’t you come right out and say it? Even if the words are probably gonna hurt I’d rather have the truth than something insincere.“ Übersetzt etwa „Warum sprichst Du es nicht einfach aus? Selbst wenn die Worte wahrscheinlich schmerzen werden, möchte ich lieber die Wahrheit wissen als etwas unehrliches.“

Ich fühle diese Worte. Oder anders gesagt: Ich bin von ihnen ziemlich überzeugt. Und so lebe ich – spreche Wahrheit aus oder das, was ich für Wahrheit halte. Oft sehr deutlich. Nicht immer angenehm. Aber immer mit dem großen Anliegen, dass jemand daraus etwas Gutes für sich mitnehmen kann.

 

Aber das habe ich nicht in der Hand. Denn ob Worte – insbesondere die schmerzhaften – für jemanden ein Anlass sind, über sich nachzudenken und sich dem zuzuwenden, was daran hilfreich ist, entscheidet immer diese Person selbst.

 

Ich möchte gleich noch zwei weitere Beispiele zu deutlichen Worten erzählen, aber vorher noch sagen: Ich wünsche mir auch, dass Menschen mir deutliche Worte sagen. Aber bitte nur dann, wenn sie wirklich das Anliegen haben, dass diese Worte mir gut tun. So wie meine Schreib-Begleiter:innen das letzte Woche getan haben. Auch wenn ich an diesem Text nichts mehr ändern konnte – an zukünftigen Texten kann ich etwas ändern. (Und das heißt nicht, dass ich nicht mehr ich selbst bin beim Schreiben, sondern dass ich einen anderen Aspekt von dem, was mir bei Texten wichtig ist, in den Vordergrund stelle. Zumindest bei manchen.)

 

In Beispiel eins geht es um deutliche Worte, die für mich so schmerzhaft waren, dass ich verstanden habe: Du musst Dich von diesem Menschen distanzieren. Das war überhaupt nicht die Absicht dieser Person, aber für mich wurden die sehr schmerzhaften Worte zu einer Hilfestellung für diese Entscheidung.

Tatsächlich unterstelle ich der Person, die sie gesagt hat, dass sie das Kriterium „Anliegen, dass die Worte gut tun“ erfüllt hat. Sie wollte wirklich für mich das Beste. Nur war ihr „Bestes“ für mich so deutlich anders als das, was ich als gut erkannt habe, dass ihre Worte die Sache ganz eindeutig geklärt haben.

 

Deutliche Worte machen also etwas klar, er-klären. Das war auch beim zweiten Beispiel so. Es sind Worte, die sich mir in ganz großer Klarheit ins Gehirn gebrannt haben als Erinnerung – aber dieses Mal auf sehr positive Art und Weise. Ich halte mich an ihnen immer wieder fest, wiederhole sie für mich und gewinne durch sie neuen Mut, auf meinem Weg weiterzugehen. Auch das können Worte bewirken.

 

Worte, deutliche Worte, können etwas sehr wertvolles sein. 

Ich möchte aus den Worten, die zu mir gesprochen werden, etwas wertvolles machen, egal wie sie gemeint sind.

Aber ich möchte auch in aller Deutlichkeit sagen: Nicht jedes deutliche Wort ist ein gutes Wort, auch nicht dann, wenn es gut gemeint ist.

Relient-K singen in einem anderen Lied

„And sometimes I say things that
I wish that I could take back
The most crucial thing in life is
The thing called tact
And if your hour’s so intently listening
Then the smartest thing to say
Is to tell myself not to say a thing
Yeah I gotta keep quiet quiet
Don’t let it all come undone
‚cause if I dare open my mouth
It’ll just be to bite my tongue.“

 
Takt ist eine wesentliche Sache im Leben, singen sie, denn manchmal sagt man Dinge, die man gern zurücknehmen möchte. Und manchmal wäre es das Klügste, sich selbst zu sagen, dass man nichts sagen sollte und statt mit Worten alles aufzulösen, still zu bleiben und wenn man den Mund öffnet, dann nur dafür, sich auf die Zunge zu beißen.
 
Ich glaube, das ist etwas, das wir alle uns auf Social Media und auch im Alltag in Familien noch mal vor Augen führen sollten. Nicht alles, was ich sagen möchte, ist es wert, gehört zu werden. Nicht immer ist der richtige Zeitpunkt und es gibt da eine sehr, sehr wichtige Sache im Leben, die heißt „Takt“. Und damit ist nicht der Rhythmus eines Liedes gemeint, (und da streiten sich ja manche Menschen schon), sondern die Fähigkeit, einen guten Zeitpunkt für deutliche Worte abzuwarten.

 

In diesem Sinne: Lasst uns deutliche Worte miteinander sprechen – in bester Absicht und mit der Fähigkeit, dafür gute Zeitpunkte und Gelegenheiten auszuwählen.

 

Wenn das für Dich schwierig ist, dann schau doch mal, ob Dir nicht auch ein paar Begleiter:innen gut tun würden. 

Vielleicht nicht Schreib-Begleiter:innen, die Dir Feedback zu Texten geben, sondern vielmehr andere, die Dich ermutigen für Erziehung und Beziehung. Die Abend- und Morgenrunde von Familien begleiten sind ein Format, in dem wir einander in bester Absicht und zum richtigen Zeitpunkt deutliche Worte sagen: ermutigend und klärend.

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